Mowgli

Was mein Hund so denkt

Tja, das wüsste ich gerne, was der so denkt. Aber irgendwas denkt er, da bin ich sicher, auch wenn es mir oft ein Rätsel ist, weil ich ja in Worten denke und er in Hundesprache. Bei der Übersetzung hapert es schon mal, und zwar in beide Richtungen. Aber wir nähern uns an in unserer Kommunikation.

Was hat er sich nur dabei gedacht, sich im Blumenkübel niederzulassen? Vielleicht:

  • Ahhh, der Thymian riecht so gut!
  • Oh, kühle Erde!
  • Hier kann ich ein schönes Nickerchen machen…
  • Boah, langweilig! Aber wenigstens riecht der Thymian gut.
  • Meins!
  • …?

Du glaubst nicht, dass er denkt? Klar, man könnte sagen, so ein Hund fühlt vor allem. Was aber, wenn er Entscheidungen trifft? So zum Beispiel: „Soll ich lieber zur Chefin traben, die mich ruft, oder lieber das hübsche Kaninchen da ein bißchen auf Trab bringen?“ Die Entscheidung fällt nicht immer gleich aus, das ist der springende Punkt. Er funktioniert eben nicht ausschließlich nach einem konditionierten Programm. Auch wenn wir ein Kommando tausende Male geübt haben, behält er sich vor, zuerst die Situation zu beurteilen, bevor er „gehorcht“. Mal gibt er Pfötchen, mal hat er einfach keine Lust dazu, unabhängig davon, ob er belohnt wird oder nicht. Wie oft habe ich ihm schon ein Leckerchen unter die Nase gehalten und ER MACHT ES EINFACH NICHT! Dann wieder macht er es sofort, auch ohne Belohnung. Und er kann so einiges: Sitz, Platz, Pfötchen, Give me five, rechts, links, stopp, bleib, komm mit, warte, bei Fuß, leise, gib Laut, lass das, pfui – und so weiter. Natürlich haben wir das alles geübt bis es saß. Aber er entscheidet trotzdem noch, ob es jetzt wichtig ist oder nicht.

Worauf ich hinaus will: Mein Hund ist keine Maschine, er spult kein automatisches Programm ab, wenn man den richtigen Knopf drückt. Er ist ein Lebewesen. Er hat Gefühle und Wünsche, Vorlieben und Abneigungen. Und natürlich spricht er – mit den Augen, über die Tonlage seiner Laute, mit seiner Körperhaltung und seiner Rute, der Richtung seiner Ohren, sogar mit seinem Geruch und seinem Fell. Er hofft, dass ich seine Sprache verstehe. Falls nicht, greift er zu anderen Methoden: in seinen Napf starren bis er sich mit Futter füllt, mit seiner Schnauze meine Hand von der Tastatur abheben, wenn er dringend mal raus muss (dabei wird er so aufdringlich, dass ich keine Wahl mehr habe), mich höflich anstubsen, wenn er mit auf die Couch will… Eigentlich hat er ein großes Repertoire, wenn ich mir das so überlege. Ich lerne immer noch dazu und er auch.

Man könnte meinen, das sei doch selbstverständlich. Doch immer noch sprechen einige Ansätze in der Hundeerziehung und das Verhalten mancher Hunde“besitzer“ eine andere Sprache. Wie oft bekomme ich mit, dass jemand seinen Hund anherrscht oder zur Raison bringen will oder einen scharfen Befehl gibt.

Mit Mowgli funktioniert das aber nicht. Er ist kein Befehlsempfänger. Seine Ohren schalten auf Durchzug, wenn ich ihm einen scharfen Befehl gebe. Er möchte eine höfliche Bitte hören. Und er interpretiert mein Verhalten.

Deshalb üben wir uns in der Kommunikation. Kommunikation und Kooperation anstelle von Unterordnung oder gar Kadavergehorsam.

Mag sein, dass es Hundeexperten gibt, die das anders sehen. Ich weiß aber, dass mein Hund mir folgt, weil er sich bei mir wohl fühlt. Er hat sich freiwillig eingeordnet und angepasst, weil er keinen Grund sieht zu rebellieren. Mowgli ist ein freundlicher, höflicher und genügsamer Hund. Aber er würde auch eingreifen, wenn er seine Chefin in Gefahr sieht. Unsere Freundschaft basiert auf gegenseitigem Vertrauen und auf Zuneigung. Wir teilen die gleiche Sphäre. Mowgli ist nicht hektisch, weil ich es nicht bin. „Wie der Herr, so sein G’scherr“, sagt man.

Wenn ich von meinem Hund erwarten würde, wie ein Roboter zu funktionieren, wäre sicher ein Tamagotchi das Richtige für mich. Aber es macht mir eben Freude, mit einem lebendigen Wesen einer anderen Spezies zu kommunizieren.

Natürlich hat er einige Kommandos gelernt, die wir zusammen geübt haben. Das ist praktisch für ein friedliches Zusammenleben. Und natürlich gelten die Regeln der Verknüpfung und der Wiederholung. Wir Menschen lernen ja auch so ähnlich. Aber es steckt noch mehr dahinter. Wenn wir zum Beispiel spazieren gehen und Mowgli eine Katze trifft, die er aber nicht jagen kann, weil er an der Leine ist, wird er sich beim Rückweg an die Stelle erinnern, wo er die Katze gesehen hat, und nach ihr Ausschau halten. Er verankert das Erlebnis mit dem Ort, und zwar beim ersten Mal. Er weiß auch, was er von jedem seiner Menschenfreunde zu erwarten hat, und behandelt jeden individuell. Einfach intuitiv. Manchmal weiß er auch, was ich möchte, bevor ich es ihm mitgeteilt habe, so als könnte er Gedanken lesen.

Hier gibt es noch einiges zu entdecken und erforschen, denke ich. Ein Forscher, der zu sehr interessanten Ergebnissen fand, ist der Biologe Rupert Sheldrake. Er spricht von Morphic Resonance und Morphic Fields. Ich maße mir nicht an, in wenigen Sätzen zu erklären, was er damit meint. Vielmehr schlage ich vor, seine wunderbaren, allgemeinverständlichen Bücher selbst zu lesen, eigene Überlegungen anzustellen und selbst einigen Fragestellungen nachzugehen.

Interessant finde ich auch die Frage, wie Mowgli Zeit empfindet. Er scheint so zu leben wie das viele von uns anstreben: im Hier und Jetzt. Ganz offensichtlich verplant er nicht seinen Tag damit, dass er seine Vorhaben in eine logische Reihenfolge bringt. Er hat sich aber meiner Routine angepasst. Offenbar verankert er eine Information oder Tätigkeit auch in einer Zeitqualität. So spürt er zum Beispiel, wenn es schon spät am Abend ist, und erinnert mich daran, dass wir jetzt schlafen gehen sollten. Er verortet sozusagen. Wie oft nehmen wir das Leben gar nicht richtig wahr, weil wir nur damit beschäftigt sind, unseren Plan abzuarbeiten! Mowgli hat das Problem nicht, er lebt mit einer natürlichen Weisheit.

Wir können viel lernen, wenn wir einfach auch den Tieren einmal zuhören und sie in ihrer Wesensart respektieren und würdigen. Diese Haltung würden wir automatisch auf die Menschen übertragen, weil wir uns diese Verhaltensweise dann erarbeitet hätten.

Wieviel Leid könnten wir vermeiden, wenn wir den Lebewesen ihren Raum ließen!

One Comment

  • Mick de Greef

    Hi Mowgli,

    habe soeben den Blog Deiner Chefin gelesen!
    Gefällt mir und meiner Chefin sehr gut.
    Tja, es gibt so vieles, was unsere sogenannten Halter nicht von uns wissen!
    Hi hi, sie merken gar nicht, das sie von uns (in ständiger, konsequenter und harter Arbeit) zu humanen Wesen erzogen werden.
    Viel Arbeit für uns; dafür bekommen wir Spiel, Spaziergänge, Treffen mit Freunden und Leckerlies.
    Natürlich haben wir Gefühle und Gefühle für andere Lebewesen, auch für Menschen!
    Gedankenlesen, können wir. Telepathie ist auch unser Metier!
    Jedesmal, wenn meine Chefin mich im Auto nicht mitgenommen hat, spüre ich genau wann sie wiederkommt.
    Renne 5 Minuten vor ihrem Eintreffen zum Fenster und gucke schon mal.
    Kadavergehorsam, watt is datt? Klingt schon schlimm.

    lieber Mowgli ,
    wünsche Dir einen schönen Abend und auch Deiner Chefin

    Mick
    und meine Chefin

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